Wie ist es zu Hause? Schülerinnen und Schüler berichten

Heute: Lucius kriegt den Kopf frei

Ein Blick in meine Corona-Zeit

Ich laufe durch den hellen Wald. Reine Waldluft umgibt mich, was für einen Wald natürlich nicht ungewöhnlich ist. Ein angenehmer Duft, der meine Sinne beruhigt. Gleichmäßig berühren meine Füße in einem steten Tempo den weichen Boden. Es hat in den letzten Tagen zu wenig geregnet, meine Schritte klingen dumpf und grauer Staub wirbelt auf. Doch das gleichmäßige, fast monotone Tempo tut mir gut. Es lenkt mich vom Lernen ab und macht meinen Kopf frei. Die Tage beginnen immer gleich. Ich stehe auf, ziehe mich an, schaue meine Aufgaben durch. Was muss noch erledigt werden? Was ist schon erledigt und kann abgehakt werden? Ich treffe meine Auswahl und beginne mit der Arbeit. Eine gefühlte Ewigkeit schreibe ich die Vokabeln auf weiße Karteikärtchen. Doch dann sind sie immer noch nicht in meinem Kopf. Der immer gleiche Blick aus meinem Fenster offenbart keine Anregung für meine Gedanken. Derselbe Nachbar wie immer sitzt an derselben Stelle wie immer auf seinem Balkon und macht wie immer dasselbe, nämlich rauchen. Also zurück zu den langweiligen Vokabeln. Sie sind immer noch nicht weniger geworden. Der winzige Stapel mit den gelernten Vokabeln wächst nur langsam, während sich die noch nicht gelernten gefühlt vermehren. Der Gedanke daran, dass meine Eltern unzufrieden mit meiner heutigen Lernleistung werden könnten, lässt mich unruhig werden. Das macht das Lernen noch weniger leidlich. Der gutgemeinte Ratschlag meiner Eltern für solche Situationen ist: Rausgehen und Sport machen. Also laufe ich. Es ist angenehm. Ich spüre die Wärme der Sonne auf der Haut meiner Arme und des Gesichts. Das Licht ist golden, doch wenn die Blätter dichter werden, verwandelt es sich in ein zartes Grün. Beide Farben gefallen mir sehr gut. Sie sind ruhig. Der Wald tut mir gut, doch ich höre ihn nicht. In meinen Ohren läuft meine eigene Musik. Mein Geist fährt runter und ich konzentriere mich nur noch auf meine Melodie und das stete Trommeln meiner Schritte. Das Denken und der Druck werden langsamer und leichter. Bald kann ich Weiterlernen.

 

Text: Lucius

Bild: Zender