Die Aula in Dellbrück war mit 100 ZuschauerInnen gut gefüllt und alle lauschten gebannt, als Frau Raffauf Ihren sehr informativen und kurzweiligen Vortrag hielt.
Die richtige „Haltung“ zu haben, wenige klare, statt vieler unklarer Regeln, das waren nur zwei der vielen Hinweise, die die Psychologin uns allen auf den Weg gab. Und sich immer wieder an die eigene Jugendphase erinnern, um das Verhalten der eigenen Kinder zu verstehen.
www.elisabethraffauf.de
Und hier eine Leseprobe aus ihrem Buch:
Pubertät heute – Ohne Stress durch die wilden Jahre
Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser!
Louisa, 14 Jahre: »Manchmal fühle ich mich, als ob ich vor Kummer sterbe, und dann wieder seh ich die Welt durch eine rosarote Brille! Es ist ein Chaos voller Gefühle und eine Achterbahn durch das leben! Vieles ist verwirrend, aber es ist eine unglaublich aufregende Zeit!«
Unter »Jugend« fand sich 1896 in Meyers Konversationslexikon der Verweis »siehe Alter«. Im Mittelalter gab es keine Jugendzeit im heutigen Sinne. Es ging nahtlos von der Kindheit in die Erwachsenenzeit.
Heute weiß jedes Grundschulkind, dass es die Pubertät gibt und dass es sich für manche um hoch vermintes Gelände handelt. Eltern nicken sich verständig und manchmal mitleidvoll zu: »Mein Kind ist in der Pubertät« – die Probleme damit scheinen geradezu schicksalhaft gegeben. Ein Pubertierender ist dann nicht nur ein Jugendlicher auf dem Weg zum Erwachsenwerden, sondern jemand, den man mit Samthandschuhen oder auch mit »starker Hand« anfassen muss. Nur: Was ist gerade das Richtige?
Pubertät heute, das ist mehr als neue Verkabelungen im Gehirn und vermehrte Hormonproduktion. Pubertät heute, das beginnt manchmal bereits mit zehn Jahren, geht weiter mit G8 und mündet in Rätseln wie: Was passiert im Chat? Welches Video läuft auf dem Handy? Nimmt meine Tochter die Pille?
Pubertät ist heute definitiv anders als zu der Zeit, als die Eltern sie selbst durchlebt haben. Für die meisten Jugendlichen ist es die Zeit, in der sie sich neu erfinden, in der sie ausprobieren, wie sie leben und lieben wollen, und das ist manchmal schmerzhaft, manchmal herrlich, manchmal traurig – oft turbulent. Pubertät heute hat viele Seiten: Sie ist unersättlich, empfindlich, begehrlich, unergründlich, in jedem Fall unersetzlich. In diesem Buch geht es um die Herausforderungen, denen Eltern heute gegenüberstehen – in einer sich ständig wandelnden Gesellschaft, in der wie nie zuvor die Zeit des Heranwachsens von Neuen Medien geprägt ist.
Kann man in der Pubertät überhaupt noch erziehen?
Viele Eltern und auch Erziehungsexperten haben das Gefühl: Wenn die Kinder in der Pubertät sind, dann ist die Erziehung »gelaufen«. Jugendliche kann man nicht mehr erziehen. Ich bin da anderer Meinung. Eltern werden sehr wohl noch als Erzieher und präsente Begleiter in dieser Zeit gebraucht.
Nur: Der Erziehungsstil wandelt sich im guten Fall. Eltern werden immer mehr dazu übergehen, zu verhandeln. Es wird mehr diskutiert, mehr ausgehandelt, und es ist gut, wenn Eltern sich als Diskussionspartner bereithalten. Und zwar als Diskussionspartner, die auch den Mut haben, eine Meinung zu vertreten, die in den Augen der Jugendlichen nicht so populär ist. So können die Jugendlichen sich orientieren, und sei es, um eine Haltung vorzufinden, von der sie sich abgrenzen können und sicher sind: »So möchte ich es nicht machen.«
Pädagogen definieren Erziehung als »soziales Handeln, das bestimmte Lernprozesse bewusst und absichtlich herbeiführen und unterstützen will, um relativ dauerhafte Veränderungen des Verhaltens zu erreichen«.
« Auch bewusstes Vorleben ist Erziehung. Kinder lernen zum Beispiel, wie man sich sozial verhält, indem sie es an den Eltern sehen. Präsente Eltern zu haben ist bis in das Erwachsenenalter hinein gut und hilfreich.
Im siebten Kapitel, »Grenzen und Grenzüberschreitungen«, geht es darum, wie Eltern, die das Gefühl haben, »machtlos« zu sein, ihre Präsenz in der Familie wiedererlangen können. Wie sie aktiv Lernprozesse und Verhaltensänderungen bei ihren Kindern unterstützen können.
Immer wieder erlebe ich in meinen Beratungsgesprächen mit Eltern, dass Ratschläge oft auch Schläge sein können. Deshalb stehen in diesem Buch keine direkten »Handlungsanweisungen«.
Die würden auch nicht funktionieren, da jedes Kind und jede Familie verschieden ist. Aber es gibt viele Anregungen, Ideen, Tipps für eine gute Pubertätszeit – für Jugendliche und Eltern.
In den Schuhen der Jugendlichen
Es kommen Eltern und Experten zu Wort, aber vor allem die Jugendlichen selbst habe ich gefragt, was sie zu den Themen »Respekt «, »Schule und Motivation«, »Sexualität«, »Medien«, »Identität und Markenklamotten«, »Alkohol und Drogen«, »Grenzen«, oder »Vertrauen und Selbstwertgefühl« zu sagen haben. Ihre
Meinung ist eine große Hilfe dabei, sich hineinzufühlen in die Welt eines Menschen, der kein Kind mehr ist und sich auf der Suche nach der eigenen Identität befindet.
Ich habe sie nicht gefragt, um die Verhältnisse umzukehren und die Jugendlichen zu Erziehern zu machen. Die Meinungen der Jugendlichen eröffnen uns die Chance, einmal die Perspektive zu wechseln, kurz in die Haut der Jugendlichen zu schlüpfen und zu sehen: Wie wirkt das, was ich tue und sage?, letztlich: Wie wirkt Erziehung?
Wenn wir hören, dass der 15-jährige Philipp findet: »Erwachsene haben oft keinen Respekt vor den Jugendlichen und denken, sie würden nur Mist bauen«, ist das ein guter Hinweis, um zu überprüfen, wie wir denken und uns vielleicht unbewusst verhalten. So kann es gelingen, die Jugendlichen mit Wertschätzung und
Respekt zu begleiten auf ihrem Weg ins eigenständige Leben.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß dabei und eine gute und spannende Zeit mit den Jugendlichen!